Der Blumenzaun

Es war einmal ein Blumenzaun, 
mit Zwischenraum, hindurchzuschaun. 

Ein Architekt, der dieses sah, 
stand eines Abends plötzlich da — 

und nahm den Zwischenraum heraus 
und zügelte ihn zum grossen Haus. 
Der Zaun indessen stand ganz dumm, 
mit Blumen ohne was herum.

Ein Anblick prächtig doch gemein.   
Drum zog ihn die Firma auch ein.

Der Architekt jedoch entfloh
nach Gatti - od - Gattiko. *

                                         
* frei nach Christian Morgenstern

Reise der Passionsblume

An der Gattikonerstrasse steht ein opulenter Gartenzaun. Die kunstgeschmiedeten Blumen stellen Passionsblumen dar. Als typischer Zeitzeuge des Jugendstils stand dieser eindrückliche, kunstvolle Zaun einst in Horgen und schützte die Liegenschaft am See, den Seepark und die prächtige Villa „Seerose“ des Mitinhabers der Seidenfabrik Schwarzenbach vor ungebetenen Gästen und neugierigen Blicken.
1954 kaufte die Gemeinde Horgen das 

Anwesen. Der Zaun musste weichen, denn das der Park und die Villa wurden für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der grösste Teil des entfernten Zauns wurde nach Gattikon verlegt und umgrenzt die Villen der Familien R.R. Wieland und Hans Schwarzenbach.

                                             * Gedicht, frei nach Morgenstern zitiert

Text: Urs Amstutz 
Quelle: ‚Gattikon – einst und heute’, 2005 

Nach 50 Erdumrundungen oder nachdem die „Thalwil“ fünf Mal die Strecke zum Mond zurückgelegt hat, wird das Schiff im Jahre 1969 ausgemustert.           
Ihr letzter Kapitän rettet den Oldtimer vor der geplanten Verschrottung und Versenkung im Obersee, indem er ihn in Nuolen zu seiner Wohnung macht. 
 Heute steht die „Thalwil“ als Spielgerät im Verkehrshaus Luzern.

In den 60er Jahren hausten in Sihlbrugg im Gasthof Löwen zwei dieser Steppentiere aus Afrika. Es war ein Geschenk vom Nachbarn und Inhaber der Firma Auto Iten AG. Die beiden Löwen, Asum und Melaku, galten in der Region als Attraktion und zogen jedes Wochenende scharenweise Familien und Schaulustige an. So auch der Löwenbändiger von der Posilipostrasse. 

Gut gebrüllt, Löwe!

Wir zogen 1966 nach Thalwil. Posilipo hiess unsere Strasse, das gefiel mir sehr, erinnert es doch an das ferne Napoli. Unser Hauseigentümer war ein fescher, hochgewachsener, alter Herr mit welschem Akzent und Charme. Er hatte nur einen Arm, den er benutzen konnte. Der andere sah grauslich aus, voller Narben, wie zerfetzt. Grinsend erzählte er irgendwann die dazugehörige Geschichte. Er sei regelmässig im Hotel "Löwen" gewesen, wo man damals 

als Attraktion einen Löwen im Käfig hielt. Recht beschwipst und im dazugehörigen Übermut hatte er lauthals vor einer angebeteten Schönen angegeben, diesen Löwen ohne Angst streicheln zu können. Was er denn auch in die Tat umsetzte und im Spital landete. Moral von der Geschichte: Streichle einen Löwen nicht!


Text: Gabi Rosenberg aus Berlin geschrieben; Quelle: LINK

Die Riesentanne - Gattikons Wahrzeichen!

 

Einst zog eine mächtige Tanne alle Blicke in Gattikon auf sich. Doch während des heftigen Schneesturms der Silvesternacht 1978/79 knickte die alte, angeschlagene Tanne trotz ihres gewaltigen Durchmessers von 102 cm um und fiel in den Garten der Mühle. Zwar kam zum Glück niemand zu Schaden doch das Gattiker Wahrzeichen war weg und nun soll’s der Obstgarten oder Lidl richten! 


Text: Urs Amstutz 
Quelle: ‚Gattikon – einst und heute’, 2005 

Seit dem Umbau des Alders 1982 ist das Bühnenbild des Saals verschwunden. Dieses repräsentative Kulissenbild, der Theaterprospekt, gemalt um die Wende des 19. Jahrhunderts, ist ein bedeutender Zeuge der Prospektmalerei und typisch als kulturelles Mittel für die Zeit der Nationalstaatengründung in Europa. Solche Bühnendekorationen wurden auf Leinwand gemalt und hielten auf romantisch, naturalistische Weise heimatliche Schauplätze fest.  Vor ihnen wurde getanzt oder Theater gemacht. 

Kulturgut verschollen – wo ist der Zeitzeuge?

Die romantische Bühnendekoration im Adler Saal bildet die Aussicht auf die Glarner Alpen ab und vermittelte den Betrachtenden eine gemütliche Atmosphäre im Biergarten. 
Nach Angaben der Genossenschaft wurde dieses 8 x 4 Meter grosse Landschaftsbild, dieser ‚Heimatschinken’ im Rahmen der Adler Renovation zusammengerollt und der Gemeinde, respektive dem Ortsmuseum übergeben. 
Aber wo ist nun das Bühnenbild wirklich geblieben? 

Denn beim Nachfragen auf der Gemeinde und beim Ortsmuseum wurde der Besitz eines solchen Kulturgutes verneint. 

Jedoch behaupten Handwerker, die an der Sanierung des historischen Gebäudes mitgearbeitet haben, dass das Bühnenbild vom Maurer eingemauert wurde. Das würde bedeuten, dass der Theaterprospekt hinter der Vormauer des ehemaligen Bühnenportals des Tanzsaales immer noch am alten Ort hängt. Zwar hätte er dort seine Ruhe vor dem Publikum und im Unwissen spielen sich vor ihm ab und zu auch heute noch eine oder die andere Szene ab!


Text: Urs Amstutz
Quelle: LINK

Über 30 Jahre lang betrieben Vater und Tochter Muff eine vielseitige Buchhandlung, die die geistige Nahrung Thalwils sicherstellte. Bis zum Schluss trotzte diese Kulturinstitution an der Schwandelstrasse dem Preisdruck und der übermächtigen Konkurrenz.
Alles begann an der Gotthardstrasse. Dort baute der liebenswürdige Herr Muff mit seiner Tochter das Geschäft auf; im Haus eines schrulligen Vermieters namens Biel. 

Eine Kulturinstitution und der Mann mit der roten Nelke

Betrat man die Buchhandlung, sass der liebenswürdige Herr Muff an seinem eindrücklichen Schreibtisch. Sehr freundlich empfing er einen mit seinem breiten, sächsischen Dialekt und mit der gleichen Frage: ‚Oder was kann ich für Sie tun? 
Die Vorfahren der Familie Muff stammten ursprünglich aus Neuenkirch Luzern. Im 19. Jahrhundert emigrierten sie nach Leipzig und kehrten nach dem Krieg in die Schweiz zurück. In Thalwil fanden sie eine Wohnung für 120 Franken Miete. Im Kellerraum desselben Hauses legte Vater Muff mit einer ‚Leihbücherei’ den Grundstein zur ersten Buchhandlung in Thalwil. Er war ein verständnisvoller Mensch, hatte immer ein offenes Ohr für die Probleme anderer und so kamen vorwiegend Jugendliche in seine Bücherei, um sich bei ihm Rat zu holen. Als sein Vermieter Herr Biel von seiner Frau verlassen wurde und damit auch sein Haus verlor, fand er in der Buchhandlung eine Beschäftigung. Er half mit beim Bücher aufräumen. Ein abgewetzter Frack war sein einziges Kleidungsstück. In seiner Westentasche steckte jeden Tag eine frische rote Nelke im Knopfloch. Wenn Herr Biel aus dem Haus ging, nahm er den schwarzen Frackstock mit dem weissen Knauf zur Hand. Seine auffällige Erscheinung war weit über Thalwil hinaus bekannt, denn er ging fast jeden Abend in die 

Oper nach Zürich. Seine Begeisterung für die Gesangskunst äusserte er laut und ungeniert, was dem Publikum arg missfiel. Das Opernhaus schrieb ihm einen Brief: „Sie verbreiten Unruhe, indem Sie gewisse Melodien mitsingen oder mitsummen, sowie an völlig unpassenden Stellen ‚Bravo’ rufen oder klatschen. Wir haben der Türaufsicht Weisung erteilt, bei Beanstandungen seitens anderer Besucher, sofort die Polizei anzuvisieren!“ 
Bald darauf wurde Herr Biel sehr krank und starb. Bei seiner Beerdigung waren nur sein Sohn, Herr Muff und seine Ärztin, die ihn jahrelang gratis gepflegt hatte, anwesend. 
Herr Muff sass bis ins hohe Alter von 94 Jahren hinter seinem Bürotisch. Nach seinem Tod führte Frau Muff und ihr Team die Buchhandlung noch einige Jahre weiter. Nach über 30 Jahren war mit dieser bedeutenden Kulturinstitution Schluss. Die Buchhandlung Krauthammer hatte inzwischen ihr Geschäft eröffnet. Auch sie kämpft gegen den Niedergang der Branche und gegen die Konkurrenz durch die Internetriesen Amazon und wie sie alle heissen! 


Text: Urs Amstutz 
Quelle: ‚Die Muffs – ein Auslandschweizer-Schicksal’’ Buch von Christine Muff

Die bestechende Idee, ein einzigartiges Kulturschiff auf dem Zürichsee zu betreiben, machte anfangs der 70er Jahre die Runde um den See. Musikklänge würden über die Weiten der Wasseroberfläche erschallen und Konzerte, Tänze, Gesänge, Theateraufführungen, Kunst-ausstellungen hätten ein breites Publikum zu diesem eimaligen Kulturtreffpunkt mit lauschigem Ambiente gelockt.         
So malten sich die Initianten ihren Traum eines Kulturortes auf dem Zürichsee aus. 

Vom Kulturschiffstraum zur Herzbaracke 

Diese schwimmende Kulturinsel wäre je nach Programm, Bedarf und Zweck von Gemeinde zu Gemeinde geschippert und dort vor Anker gegangen.  
Bereits lagen 19 Projekte für dieses einzigartige Kulturzentrum vor; und auch die Finanzpläne, Veranstaltungsprogramme und ein Fahrplan waren bereits ausgearbeitet. 
Doch dieses Traumschiff verliess den Stapel nie, der Sommer-nachtsraum verblasste allmählich und versank im Zürichsee. 

Mit der ‚Herzbaracke’ hat Frederico Pfaffen diese Idee im kleinen Massstab aufgegriffen und als privater Betreiber umgesetzt.



Text: Urs Amstutz 
Quelle: ‚Euse Zürisee – eusi Heimat’, 1972

Bärentatzen eine Delikatesse aus der Belle époque und das passende Rezept dazu.

Das  Bärenfleisch wird auch oft in der Küche verwendet. Frisch wird es zu Braten, Ragout und Pfeffer zu bereitet; es wird vor der Zubereitung gebeizt und wie Wildbret gekocht oder gebraten. Als besonders fein gelten die Filet und die Tatzen. Erstere werden wie Ochsenfilet in Tranchen geschnitten und Steaks daraus gemacht. Stotzen und Rücken werden auch eingesalzen und geräuchert. Sie werden in eine Salzlake gelegt – auf ¾ Wasser wird 3 Kilogramm Salz aufgekocht. Das erkaltete Wasser über das Fleisch geschüttet. Das Räuchern und Kochen ist ganz nach Art von Schweinefleischauszuführen.


Bärentatzen haben einen ganz eigentümlichen Wildgeschmack. Die gereinigten Tatzen legt man ein oder mehrere Stunden lang in reichlich kochendes Wasser, je nachdem, ob man den starken  Wildgeschmack liebt oder nicht. Sie werden in stark gewürztem Sud mit ziemlich viel Essig  zu gedeckt weich gekocht. Das dauert rund, drei Stunden. – Das Kochen dauert so lange, bis sich das Fleisch leicht von den Knochen ablösen lässt. – Wenn die Tatzen weich sich, werden sämtlichen Knochen herausgelöst und entfernt. 
Das Bärentatzen-Fleisch wird nun heiss mit einer Wildbret-Sauce serviert.  – ein Heinrichsbader-Kochrezept, 1918